Abstandflächen von Dachaufbauten und Dachgauben

In innerstädtischen Lagen werden zur Schaffung zusätzlichen Wohnraums häufig Dachausbauten vorgenommen. In diesem Zusammenhang wird oftmals die Frage gestellt, ob bzw. wann Aufbauten auf dem Dach beispielsweise in Form von Dachgauben* eigene Abstandflächen nach § 6 BauO NRW auslösen.

Dabei besteht leider häufig der Irrglaube, dass Dachaufbauten mit einer Gesamtbreite von mehr als der Hälfte der darunterliegenden Gebäudewand grundsätzlich eigene Abstandflächen auslösen. Für die Beantwortung der Frage ist jedoch allein der Punkt zu klären, ob der Dachaufbau bei wertender Betrachtung (noch) als Bestandteil des Daches anzusehen ist oder ob er als weitgehender selbstständiger Bauteil in Erscheinung tritt (OVG NRW, Beschluss 13.01.2004 – 10 B 1811/03).

Kriterien für die wertende Betrachtung sind:

– die Unterordnung des Dachaufbaus im Verhältnis zum Dach nach Ausmaß (Verhältnis der Fläche des Dachaufbaus zur Dachfläche in der Ansicht) und Gestaltung,

– die Funktion des Dachaufbaus,

– der Umfang der zusätzlichen Auswirkungen, die der Dachaufbau auf die Abstandflächenvorschriften geschützten Belange haben kann.

Eine Unterordnung im Verhältnis zu Dachfläche ist gegeben, wenn der Dachaufbau deutlich unterhalb des Firstes endet, hinter der Außenwand zurücktritt und Abstand zu den Giebelwänden einhält, somit also „innerhalb der Dachfläche“ liegt (Gädtke / Temme / Heintz / Czepuck: Kommentar BauO NRW, 11. Auflage, Seite 409).

Ergibt sich anhand der Kriterien, dass der Dachaufbau als Bestandteil des Daches anzusehen ist, ist er ein sogenannter privilegierter Dachaufbau im Sinne des § 6 (4) Nr. 2 BauO NRW. Privilegierte Dachaufbauten lösen unabhängig von ihrer Breite nie eigene Abstandflächen aus. Sollte die Gesamtbreite der privilegierten Dachaufbauten mehr als die Hälfte der darunterliegenden Gebäudewand betragen, wird allein ein Drittel der Dachhöhe zu der Höhe der Gebäudewand für die Abstandflächenermittlung hinzuaddiert, wenn das Dach eine Neigung von maximal 45° aufweist. Besitzt das Dach eine Neigung von mehr als 45°, wird nach § 6 (4) Nr. 2 BauO NRW bereits aufgrund Dachneigung ein Drittel der Dachhöhe zur Wandhöhe für die Abstandflächenermittlung hinzuaddiert. In diesem Fall wird die Wandhöhe durch privilegierte Dachaufbauten nicht weiter erhöht.

Eigenständige Dachaufbauten lösen hingegen unabhängig von ihrer Breite stets eigene Abstandflächen aus, und zwar auch ihre äußeren seitlichen Begrenzungen.

* Dachaufbauten schließen den engeren Begriff Dachgauben ein. Dachgauben sind Dachaufbauten für stehende Fenster, die gegenüber der darunterliegenden Außenwand zurückspringen und einen konstruktiven Bestandteil des Daches bilden (Gädtke / Temme / Heintz / Czepuck: Kommentar BauO NRW, 11. Auflage, Seite 408).